Am Donnerstag dem 16.04. wurde das besetzte Haus Erfurt von der Polizei geräumt. Dabei zeigte sich, dass die Methodik von Räumungen immer brutalere Züge annimmt, so wurden bei einer Räumung im März in Dresden Menschen von Polizeihunden gebissen, in Erfurt drang die Polizei teilweise schwer mit Gasgranatwerfern, Schrotgewehren und Maschinenpistolen bewaffnet in das Haus ein.
Wenn wir bedenken, was in diesen angeblich „rechtsfreien Räumen“ gelebt wird, nämlich eine freie, offene und emanzipatorische Jugendkultur, steht dieses staatliche Vorgehen im krassen Gegensatz dazu und lässt nur zu gut verstehen, warum die Besetzer_Innen das staatliche System von Gewalt und Unterdrückung theoretisch wie praktisch in Frage stellen.
Das ehemalige Topf&Söhne Firmengelände, was seit 1994 brach lag, wurde am 12.04.2001 besetzt (das Unternehmen stellte im Nationalsozialismus Verbrennungsöfen für deutsche Vernichtungslager her und wurde so zum Symbol für die gesellschaftliche Verantwortung am Holocaust). Seit dem entstanden ein Bauwagenplatz, ein Konzertgebäude als Treffpunkt für politische, soziale und kulturelle Gruppen, eine Bibliothek sowie kostenlose Unterbringungsmöglichkeiten für Reisende. All dies wurde von den Besetzer_Innen ohne staatliche Förderungen erreicht, nur durch eigene Initiative. Die Hallen des Geländes konnten Graffitikünstler legal als „Leinwand“ nutzen, es gab Volksküchen, Vorträge und vieles mehr.
Allerdings blieb es nicht nur bei kulturellen und sozialen Veranstaltungen im besetzten Haus. Die Besetzer_Innen trieben eine akribische Auseinandersetzung mit der Geschichte der Firma Topf&Söhne und des besetzten Geländes voran und boten einen sehr gut besuchten, kostenlosen Rundgang über das Areal an . Somit war das besetzte Haus auch Ort praktischer Auseinandersetzung mit deutscher Geschichte und Ort praktischem Antifaschismus‘. Außerdem wurde seit den Anfangstagen der Besetzung die Forderung nach einem Geschichtszentrum unterstützt.
Dieses wird jetzt gebaut. Der Preis dafür ist hoch, nach der Räumung und dem Abriss des Jugendzentrums am Donnerstag wird nun auch der Rest des geschichtsbelasteten Geländes bis auf das ehemalige Verwaltungsgebäude (der Investor hatte versprochen im Verwaltungsgebäude die Forderung nach einem Geschichtszentrum zu erfüllen) verschwinden.
Nun wird an die Stelle eines selbstverwalteten Jugendzentrums ein weiteres Einkaufszentrums entstehen. Dies zeigt wiedereinmal das Selbstverwirklichung, Jugendkultur und soziale Fürsorge nur solange geduldet werden, wenn sie kontollierbar ist und finanziellen Interessen von Staat und privaten Investoren nicht im Wege stehen.
Das schicke Bild Ist übigens von Tekknoatze!