Wieder kam es in Görlitz im Oktober und November zu brutalen Naziangriffen, bei denen die Betroffenen teilweise schwer verletzt wurden. Die Täter sitzen seit dem 16.12.2010 in Untersuchungshaft.
Nach diversen Hinweisen und Artikeln im Internet muss hier wieder von einem erneuten Fall brutaler Nazigewalt in Görlitz gesprochen werden. Offensichtlich wollten die Angreifer gezielt bleibende Schäden oder sogar lebensbedrohliche Verletzungen bei ihren Opfern herbeiführen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt laut einem Artikel der Sächsischen Zeitung vom 21.12.2010 wegen versuchten Mordes.
Diese Entwicklung ist nicht neu. Die „Qualität“ der Nazigewalt ist seit Jahren auf sehr hohem Niveau.
Doch der Aufschrei der Zivilgesellschaft (wie aus anderen Städten bekannt) wird auch diesmal in Görlitz wieder weitestgehend ausbleiben. Schließlich ist gerade kein Wahlkampf und das Täterumfeld ist fest in die Görlitzer Zivilgesellschaft integriert. Hier wird Ihnen z.B. als Spieler oder Trainer des Fußballvereins Energie Görlitz (Artikel Freie Presse) oder als Stadtratsabgeordneter der NPD noch zugejubelt:
Eine gesellschaftliche Ächtung der Taten, der Täter und ihrer Sympathisant_innen sieht anders aus.
Geschweige denn, dass sich die Görlitzer Kommunalpolitiker_innen dazu durchringen können, nachhaltig Gegenkulturen zu unterstützen und damit klar Stellung zu beziehen. Und die Justiz ist bekannter Maßen (nicht nur in Görlitz) sehr ineffektiv gegen rechte Gewalt und rechte Propaganda.
Für 2011 können wir wohl kaum mit weniger Nazigewalt und Naziaktivitäten in Görlitz rechnen.
Die Antifa Görlitz wird zum Jahresende 2010 noch eine ausführliche Stellungnahme zu rechten Aktivitäten in Görlitz veröffentlichen.
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Mittwoch, 22. Dezember 2010
(Sächsische Zeitung)
Polizei nimmt nach Überfällen Neonazis in Haft
Von Ralph Schermann
Nach zwei brutalen Überfällen in Görlitz sitzen vier Männer zwischen 20 und 25 Jahren in Untersuchungshaft. Das Quartett wurde bei einer Razzia der Sonderkommission Rechtsextremismus (Soko Rex) am vergangenen Donnerstag festgenommen, wie Landeskriminalamt und Staatsanwaltschaft bestätigten. Gegen drei der Beschuldigten wird nicht nur wegen schwerer Körperverletzung, sondern auch wegen gemeinschaftlich versuchten Mordes ermittelt. Sie sollen am 23. Oktober zwei Männer in der Toilette des Tanzlokals „La Notte“ auf der Berliner Straße so schwer verprügelt haben, dass einer die Sehkraft des rechten Auges verlor.
Operation in der Uni-Klinik
Bei dem Angriff waren die Beschuldigten nach Erkenntnissen der Ermittler zielgerichtet vorgegangen: Einer der Täter hat ein Bierglas ins Gesicht des Opfers geschlagen, so dass es zersprang und Splitter die schweren Augenverletzungen verursachten. Heute kann der Mann mit dem rechten Auge nur noch hell und dunkel unterscheiden. Das andere Opfer wurde von zwei Männern gehalten und vom dritten ins Gesicht getreten. Aufgrund des zielgerichtet mit voller Kraft geführten Trittes erlitt der Festgehaltene mehrere derart komplizierte Kieferbrüche, dass spezielle Operationen im Universitätsklinikum der TU Dresden notwendig wurden.
Umfangreiche Ermittlungen
Drei der Täter sollen zudem am 14. November in der Nähe des Görlitzer Bahnhofes an einem Überfall auf vier junge Männer beteiligt gewesen sein. Dem Quartett aus Cottbus, das sich auf der Rückreise von einem Konzert befand, wurde vermutlich eine Jacke zum Verhängnis. Diese sahen die Täter als Bekleidung von „Linken“ an, was ausreichte, gegen den Träger der Jacke und seine Bekannten mit Pfefferspray und Schlagstock vorzugehen. Da ein Begleiter des Geschädigten die Gefahr rechtzeitig erkannte und dem Angreifer in den Arm fallen konnte, traf dieser Schlag sein Opfer nicht mit voller Kraft. Jedoch erlitt der Geschädigte trotzdem eine Platzwunde oberhalb der Lippe.
„Den Haftbefehlen gingen umfangreiche Ermittlungen voraus“, sagte der Görlitzer Staatsanwalt Till Neumann. Durchsucht worden seien am 16. Dezember die Wohnungen von insgesamt fünf Beschuldigten in der Stadt Görlitz. Gegen den fünften bestehe aber kein dringender Tatverdacht mehr, deshalb sei er nicht inhaftiert. „An der rechtsgerichteten Gesinnung der Inhaftierten besteht jedenfalls kein Zweifel“, bestätigte Till Neumann.